Südafrika, Australien, Korea

Die Menschen, die auf dem Camino unterwegs sind, kommen aus aller Welt. Zwei meiner Zimmernachbarn heute kommen aus Australien und einer sogar aus Südafrika. Die Sprache in der wir uns unterhalten ist meist englisch.  Da passiert es schon mal, dass man sich einige Zeit mit einem Deutschen in Englisch unterhält, bis man merkt, dass dies gar nicht nötig ist. ?


Heute bin ich um ungefähr acht gestartet, nur mit einem Café con leche. Frühstück hat hier nicht so einen großen Stellenwert. Wichtig ist das Essen ab 19:00 Uhr. Ich bin immer noch hauptsächlich alleine unterwegs. Mir gefällt das sehr gut. Trotzallem sind immer Pilgerer vor oder hinter einem.


In Puente la Reina, ein zauberhaftes altes Städtchen gab es dann mein Frühstück. Köstliches Croissant und Café. Leider bin ich danach in eine deutsche Buspilgergruppe geraten. 40 Mann und Frau mit Rucksäckchen und 4 Sterne Hotel. Sie werden immer ein Stück gefahren, laufen ein wenig und dann geht’s ins Hotel. Auch eine Möglichkeit und immer noch besser, als zu Hause sitzen. Für die war ich eine Attraktion ? Wie schwer ist ihr Rucksack? Sie laufen zu Fuß bis Santiago??? Alleine??? Schlafen Sie auch in diesen Herbergen? Und dann kam die Frage der Fragen: Sagen Sie mal, Sie waren doch im Fernsehen??? Ihr Vater ist doch gestorben???


Ist das nicht verrückt?! Da ist man in der Pampa unterwegs und dann das. Lustig!!

Ich bin heute durch die ersten Weinberge gekommen. Hier wird der Wein Rioja angebaut. Die Weinstöcke schlagen schon aus. Zwischendurch war es mächtig steil. Prustend und keuchend in der knalligen Sonne habe ich mich regelrecht hoch gekämpft. Wenn ich mich nur auf jeden Schritt konzentriere geht’s, wenn ich aber die Entfernung sehe, ist das schon heftig. Also Schritt für Schritt.


Heute bin ich etwa 17 km gelaufen. Der Ort, in dem ich bin liegt auf einem Hügel. Wie ein bebauter Kegel. Total ursprünglich und alt. Ich bin in Cirauqui. Auch heute hätte ich keinen Meter weiter laufen wollen. Gott sei Dank habe ich ein Bett bekommen. Andere haben sich den Berg hochgekämpft, um dann zu hören, dass die Herberge voll ist. Die nächste ist in 6 km!!!

Gerade ist ein Pilger auf Krücken!! hier angekommen. Seine Beine scheinen lahm zu sein. Respekt!!!!!

Aua Füße!!! 

Heute Morgen war der Meckerer bei mir .

Diese innere Stimme, die mir sagt: „Oh, heute ist es anstrengend!“ Und dann war da noch die Jammernde, die sagt: „Aua, die Fußgelenke tun weh!! Oh nein, schon wieder einen Berg hoch“ oder „Der Weg ist so holprig , diese alte Römerstraße! „Ich hab ihnen zugehört und habe mich ein wenig mit mir selbst unterhalten. ? Das Gute ist ja, dass ich gerade hier ganz alleine durch die Weinberge laufe. Auf dieser alten 2000 Jahre alten Römerstraße und jetzt, wo ich der Meckerin, der Nörglerin, der Jammernden zugehört habe, kommt das Strahlen in mir hoch, die Dankbarkeit für das, was ich hier gerade erleben darf. ? Ich bin auf einer ewig alten Straße unterwegs! Vor tausenden von Jahren, sind hier Menschen her gelaufen, genau den selben Weg! Ist das genial ?! Alles ist gut ❤️

Die eine Hälfte des Weges heute, bin ich alleine gelaufen und die andere Hälfte in schon Bekannter Gesellschaft mit Ute,Michael, Viola und Birgit. Das alleine laufen tut einfach richtig gut. Es ist meditativ, und ich bin sehr bei mir. Heute habe ich sogar angefangen, laut mit mir zu reden. Ich finde, ich kann mich sehr gut mit mir unterhalten. Ich glaube nicht, dass ich mir nun Sorgen machen muss. ?

Wie schon die letzten Tage, waren die letzten zwei 3 km wirklich richtig heftig. Ich laufe mir keine Blasen an den Füßen, sondern meine Fußsohlen fangen an, ganz fürchterlich zu krampfen. Irgendwann, ist das dann ein unglaublicher Schmerz. Stehen bleiben geht dann gar nicht mehr. Da geht es dann nur noch ums Ankommen.


Heute bin ich in einem wunderschönen Ort, Estella, gelandet. Er ist eine bedeutende alte Pilgerstadt. Heute habe ich mir den Luxus eines Einzelzimmers gegönnt! Ein Zimmer nur für mich, sogar mit Dusche und WC, auch für mich allein!!! Oh Mann, das Leben kann so schön sein.


Später treffe ich mich mit Ute und Michael, dann werden wir ein wenig gemeinsam schlendern und etwas essen gehen. Gestern war ich schon um neun im Bett. Der Körper braucht einfach genug Zeit, zum regenerieren. Es ist schon erstaunlich, wenn ich diese 3 km vor meinem Ziel bin und denke es geht nichts mehr, dann kann ich mir kaum vorstellen am nächsten Tag wieder soweit zu laufen. Aber der Körper, schafft es wirklich,nach Massage, duschen und Füße eincremen, zu regenerieren. Am nächsten Tag, ist dann die Kraft wieder da. Was für ein Wunderwerk!

Kirche


Heute war ich das erste Mal auf meinem Camino in einer Kirche, San Miguel. Kaum stand ich vor dem Altar, flossen die Tränen in Strömen. Ich weiß gar nicht warum! Es war, als würde sich ein Deckel in mir anheben oder eine verschlossene Tür sich öffnen. Als würde all alte Traurigkeit aus mir heraus fließen. Als würde ich sie abgeben können. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich bin immer noch zutiefst ergriffen.

Auf den Körper hören

Heute bin ich nur 10 km gelaufen. Meine Füße taten wieder höllisch weh und mein Körper hat mir klar signalisiert, dass es für heute reicht. Es ist schon amüsant, an welche Stellen er Schmerzen sendet. ? Dort hatte ich noch nie Schmerzen.

Ich bin jetzt in Villamayor de Monjardin in einer kirchlichen Herberge. Sie ist total urig und schön. Dieser winzige Ort liegt mal wieder auf einem Hügel. ? Überhaupt ging es heute fast nur bergauf. Danke nochmals an alle, die mich hoch geschoben haben. ( Anke, Astrid, Mama, Carsten, Diana, Michaela, Kerstin, Patricia, Magarete ….) Morgen geht es laut Plan hauptsächlich bergab.


Übrigens kam ich an einer großen Weinkellerei vorbei (Bodegas Irache). Dort gibt es eine Wein- und Wasserquelle für die Pilgerer. Der Wein ist nur für den sofortigen Genuss gedacht. Ich habe verzichtet, mit Alkohol bekomme ich Pudding in den Knien und dann hätte ich eine Fußballmannschaft gebraucht, die mich den Berg hinauf schiebt.


Ich bin wieder einen großen Teil alleine gelaufen. Ich genieße das nach wie vor. Dann wurde es sehr gesellig. Ich habe Jay aus Korea kennen gelernt. Wir haben uns total lustig unterhalten. Und das mit meinen Englischkenntnissen. ? Auf jeden Fall gibt es total viele Protestanten in Südkorea. Das wusste ich gar nicht! Und dann gesellte sich noch Oge aus Schweden dazu. Er sieht aus wie Mikey Rouke vor seinen Operationen. Jetzt gab es ein schwedisch- englisch- deutsch Gemisch. Es ist soooo lustig! Die Sprache ist keine Bariere! Selbst mit dem alten Japaner konnte ich sprechen.

Machmal, wenn ich ankomme, hat die Herberge noch nicht auf. Dann heißt es warten.


Ich habe heute ein 6 Bett Zimmer. Bis jetzt sind wir nur Frauen. Sarah aus Berlin, eine Italienerin und eine Frau aus Norwegen. Ich würde mich freuen, wenn es so bleibt.


Um 18:30 Uhr gibt es das drei gängige Pilgermenü. Ich freue mich schon.

Einen hab ich noch…

Ich möchte heute unbedingt noch ein Foto vom Essen mit euch teilen. Ich habe Tränen gelacht. Beim Abendessen habe ich einen Mix aus deutsch, englisch und schwedisch gesprochen. Es ist unfassbar, was alles geht, wenn ich den Gedanken, ich kann das nicht, über Bord werfe. Ich quatsche hemmungslos mit Händen und Füßen. ?


Also, links geht es mit Berlin los, dann folgt Schweden, ( Jonköping), danach Japan und ganz rechts Mexiko. Hammer, oder?! Und wie ihr seht, hatten wir mächtig Spaß. Ich war so berührt von diesem Zusammensein heute, dass mir die Tränen kamen. “ Whats wrong, Claudia?“ “ Oh, i have a emotionwave!“

Gute Nacht und bis morgen ❤️

Doch noch einen weiter…

Heute bin ich 19 km gelaufen. Eigentlich sollten es nur 12 km werden, aber als ich nach Los Arcos kam, war es noch so früh und ich war noch so fit, dass ich mir und meinen Füßen zugetraut habe, weitere 6,8 km zu pilgern. Wieder war die Landschaft so beeindruckend, dass ich vor einem Feld voller Mohnblumen gleichzeitig in Tränen ausbrach und herzhaft lachte vor Glück. Ehrlich, mir fehlen die Worte!!


Heute habe ich viel Musik gehört, auf meinem Camino und lauthals mitgesungen. Es kommt mir manchmal vor wie ein Traum! Was für ein großartiges Geschenk!!!

Übrigens heißt die Blüte in meinem Haar Cystus. Der einzig wilde Strauch, den ich von dieser Sorte bis jetzt gesehen habe. Sie stärkt das Imunsystem. Genau das, was ich nach dem gestrigen Friertag brauchte. ?


Die letzten Kilometer waren wieder einmal sehr schmerzhaft. Jetzt kenne ich aber den Grund! Mit den medizinischen Einlagen bekomme ich brennende Füße und mit den Standardeinlagen, fängt das Sprunggelenk ganz heftig an weh zu tun. Ich kann mich also zwischen den Schmerzen entscheiden. Lustig, oder? Naja, ich hatte mich dieses Mal fürs Sprunggelenk entschieden. Neben mir Charly, der pausenlos quatschte. Und am Horizont mein Ziel, was einfach nicht näher kommen wollte. ?

Irgendwann habe ich Charly dann gesagt, dass ich nun Musik höre, um den Berg hoch zu kommen. Der Rhythmus hilft tatsächlich !!

Und wirklich, ab da, wo ich wieder bei mir war, ging es bedeutend besser. Das muss ich mir merken!


Ach ja, Mama, ich habe heute  ein Foto extra für dich gemacht ?Ein spanisches Spargelfeld ❤️


Übrigens hat mich heute eine lange Strecke ein kleiner blauer Schmetterling begleitet. Er hat mich die Leichtigkeit gelehrt und mir Himmelsgrüße geschickt.

Im Ort angekommen, bin ich nur noch den Schildern einer Herberge mit dem Namen „Olive“ gefolgt. Und tataaaa, ich war der erste Gast einer Luxusunterkunft (eigenes Bad, kein Stockbett..) Ich fühle mich wie im Paradies. Die Wäsche ist heute nicht von Hand, sondern maschinell gewaschen! Ich rieche jetzt spanisch ? Und ich habe unter einem alten Olivenbaum auf einer Liege Siesta gemacht. Kinder ist das Leben schöööööön!


Und was mir besonders gefällt heute, ist, dass ich mir mit Sarah aus Berlin (kennengelernt gestern) ein Zweibettzimmer teile. Und der Schweden Oge ist auch wieder dabei. Sehr lustig. Gleich kocht die Herbergsmutter für uns, ich bin gespannt.

Bis morgen oder gleich!! ?

Ich habe es getan…


Heute bin ich heftige 12 km bergauf und bergab gegangen. Diese Strecke war als „mittelheftig“ in meinem Planer beschrieben. Also, ich war im nullkommanix nass geschwitzt, aber so richtig.

Was verstehen die denn dann unter richtig anspruchsvoll??! Die Landschaft war wieder einmal traumhaft schön.


Irgendwie kam ich auch nicht so richtig in meinen Rhythmus, blöd! Dafür habe ich aber meine Lieblingsheilpflanze wieder gefunden, und zwar reichlich. Kennt ihr Cystus? Ich habe extra für euch ein Foto gemacht.

Auch wuchs am Wegrand wilder Rosmarin und Thymian. Es ist so Wundervoll die so bekannten Kräuter hier wild wachsen zu sehen. ?

Ich kam auch an einem „Wunschfeld“ vorbei. Zumindest habe ich es so verstanden. Ich kann mir vorstellen, dass das Foto einen Kinderwunsch zeigt. Ein schöner Gedanke.


Ab Viana bin ich heute ein Stück Taxi ( 10km – 18€) und 13km ( 1,55€) mit dem Bus gefahren. Ich habe einen Krampf im Oberschenkel, der hartnäckig mit mir kommuniziert. Leider verstehe ich ihn noch nicht. Weiterlaufen war keine Option. Außerdem war es zu früh um zu bleiben. Also habe ich mir das Taxi bis zum nächsten Ort mit Sara aus Berlin geteilt. Von dort fuhr dann der Bus.


Jetzt bin ich in einem Hostal in einem Vier-Bettzimmer. Neben mir liegt Luisa aus Irland. 9€ die Übernachtung inklusive einer Dusche und Toilette auf dem Zimmer. Luxus!

Gerade war ich eine „Kleinigkeit“ essen. Das Pilgermenu gibt es erst Abends. Oh mein Gott, welch ein Paradies!!! So lecker! Eine Bartheke voller kleiner Köstlichkeiten. Carsten, so gerne hätte ich mir dir geteilt ❤️

So ein Pilgermenu kostet in der Regel 10€ (für drei Gänge inklusive Wasser und Wein). Das heute Abend wird 15€ kosten, aber es hört sich einfach nur köstlich an. Ich werde euch morgen berichten. Es ist auf jeden Fall auch eine kulinarische Reise für mich. Die, die mich kennen, wissen, wie ich das finde! GENIAL!

109 km

Gerade habe ich meine Kilometer zusammen gezählt. Juchuuuuu, ich habe die ersten 100km geschafft. Ich bin stolz wie Bolle. Immer wieder höre ich, dass man nach drei Wochen wie von alleine läuft. ?


Übrigens, jeder hier läuft seinen eigenen Camino. Die Erfahrungen und Ziele, abgesehen von Santiago, sind sehr individuell. Manche sind sportlich unterwegs, andere meditativ und wieder andere religiös. Was wir aber alle gemeinsam haben, ist uns auf den Weg gemacht zu haben. Und das verbindet jung und alt, egal welche Nation und welche Motivation oder welches Geschlecht.

Mein Camino ist sicherlich ein emotionaler. Wie könnte es auch anders bei mir sein. Dennoch habe ich hier beobachtet, dass irgendwie alle “ weichgespült “ werden, das scheint unumgänglich zu sein. Ich habe viele Männer mit Tränen in den Augen gesehen, einfach vor Glück und Rührung.