Vorsicht –  Tränen und Emotionen


Heute morgen hatte ich das Gefühl, als sei meine Seele von rechts auf links gedreht. Ich fühlte mich unglaublich roh und verletzlich. Meine Augen haben ständig getränt. Es ist schwer, das, was da in mir passierte in Worte zu fassen. Das Gespräch mit Bill am Abend zuvor hat etwas in mir ganz tief berührt. Etwas schlafendes. Es ging um Religion und Gott, um den Glauben an mehr. Es ist kaum möglich, sich dem religiösen Thema auf diesem Weg zu entziehen. (Von mir übrigens auch nicht gewünscht).


Immerhin ist es ein Jahrhunderte alter Pilgerweg, der immer an Kirchen vorbei führt. Ich habe ein gestörtes oder sehr kritisches Verhältnis zur Kirche. Kirche hat viel mit Macht und Politik zu tun. Ich glaube an das Göttliche. Ich glaube an das Göttliche in dir, in mir, in jedem Grashalm, jeder Blüte, jedem Tier und jedem Stein. Für mich ist Gott in allem enthalten. Ich verneige mich in Demut und Dankbarkeit vor der Schönheit der Schöpfung, deren Teil auch ich bin.


Und ich merke, wie sehr ich mich immer wieder mit diesem Glauben verstecke. Warum auch immer!?

Naja, heute morgen hatte ich also die große Heulerei. Ich konnte es nicht aufhalten. Zuhause hätte ich mich vielleicht verkrochen oder abgelenkt, aber genau das möchte ich nicht. Es fühlte sich eher wie eine Reinigung an. Es kamen Bilder hoch, wie ich am Sterbebett meines Vaters saß, all die Tränen und das Gefühl des Verlustes. All die Trauer, in ihrer Größe wollte sich noch einmal zeigen. Gleichzeitig war ich so dankbar, soviel Zeit noch mit ihm verbringen zu können. Nutzt die Zeit mit den Menschen, die ihr liebt! Klärt das, was zu klären ist. Seit dankbar, für die Zeit, die ihr mit einander verbringen dürft.

Mein Vater, aber auch meine Mutter sind meine ständigen Begleiter. Die Liebe, die ich für sie empfinde, kann ich kaum in Worte fassen. Ohne euch, wäre ich jetzt nicht da, wo ich bin. ❤️ Danke ❤️

Was mir wirklich heute morgen geholfen hat, war das Gespräch mit meinem Mann. Er ist immer für mich da, stärkt mir den Rücken und versteht mich so gut. Danke Carsten ? Und kleine Schwester, auch unser Gespräch war sehr wohltuend ❤️ Was aber auch sehr wichtig für mich war, war mich in diesem Gefühl anzunehmen. Und dann die Entscheidung zu treffen, weiter zu gehen. Sobald ich den Rucksack aufhatte und die Stöcke in der Hand, fühlte ich mich besser. Jeder Schritt war ein Schritt im Jetzt und in die Zukunft. So ist es im Leben, es gibt schwere Phasen und dann geht es aber auch weiter. Die Kraft und die Freude kam zurück und die Traurigkeit war auch da. Ich habe auf meinem Weg getanzt. Sehr grazil übrigens mit Stöcken in den Händen und 20kg auf dem Rücken ?


Jetzt bin ich in einer traumhaft schönen gepflegten Herberge. Gleich gehe ich zur Kirche, dort sind Störche auf dem Turm!


Vielleicht kann ich euch gleich ein schöneres Foto schicken.

12 Gedanken zu „Vorsicht –  Tränen und Emotionen“

  1. Liebe Claudia, als ich deine Worte gerade las, habe ich geweint. Ich kann dich aus tiefster Seele verstehen. Aber am Ende dich doch wieder lächeln zu sehen, ist soo schön. Genieße jeden Augenblick, mit verweinten oder lachenden Augen. Auch diesen Weg wirst du schaffen.
    Du weißt doch, wer einmal einen steilen Berg geschafft hat, schafft ihn immer wieder, egal wie tief das Loch davor ist…
    le deseo mucha suerte et que le vaya bien!!!
    Patricia

  2. Und schwups kommen auch bei mir dir Tränen. War schön mit Dir zu telefonieren. Auf dem traurigen Bild siehst du aus wie Papa. Wow. Du machst das toll. Wäre gerne dabei. Allein wegen der Eindrucksvollen Landschaft. Nur hätte ich ein Problem mit den Herbergen und WCs. Und dem Laufen. Hab dich lieb. ♡♡♡

  3. Die Traenen habe ich immer noch in den Augen…aber :wo Regen ist gibt es auch wieder Sonne..und die habe ich auch bei Dir gesehen…gut so…ich denke diese Gefühle hast Du auch erwartet..sie bleiben auch nicht aus auf diesem Weg..meine Gedanken sind bei Dir..in Liebe, deine Mama ?❤?❤

    1. Ja Mama, mit diesen Gegühlen hatte ich gerechnet. Ich wollte tieftauchen. ? Ich bin glücklich und dankbar für diese Reinigung. Jetzt liege ich im Bett, und alles ist gut- wäre das Fenster auf, was ich gerade geöffnet hatte ?

  4. Liebe Lalla,
    heute ist der Todestag ?meines Vaters und morgen ist der Geburtstag meiner Tochter? Vor 27 Jahren ist mein Vater mit gerade einmal 40 Jahren gestorben. Ich denke oft an ihn und hätte es gerne gehabt, wenn er am Leben noch ein wenig teilgenommen hätte. Ich hätte ihm gerne noch seine Enkel vorgestellt. Aber ich bin mir sicher, er guckt zu!!
    Mein Schwiegervater ist den Jakobsweg vor ein paar Jahren gelaufen und hat viel davon erzählt. Du machst es genau richtig! Genieße die Zeit und Ruhe! Ich freue mich weiterhin auf deine Bilder und deine Berichte, die sind einfach klasse???

    Liebe Grüße
    Klecksche

    1. Liebe Klecksche ❣ Danke für deine so berührenden Worte. Ich erinnere mich noch gut an deinen Vater. Wir waren bei ihm in Hennen und er war schon sehr krank. Ich kann dich so gut verstehen. Es ist so traurig, dass er seine Enkel nicht kennen gelernt hat. Ja, auch ich bin sicher, er ist trotzdem da. Eben nur auf einer Ebene ? Genieße den Geburtstag eurer Tochter. Schön, dass du mich begleitest ❤️ Ist dein Schwiegervater den ganzen Weg gegangen?

  5. Hi Lalla,
    dein Weg ist richtig: nach der heutigen Reinigung wird es Platz geben, zu dir selbst (zurück) finden. 🙂
    Alles wird gut!
    Eine geruhsame Nacht und morgen wieder eine schöne Wanderung!
    LG Sandra

    1. Danke liebe Sandra ❣ Ich fühle mich sehr bei mir und still. Es ist gut! Morgen schenke ich meinem Körper zwei Tage Ruhe und fahre mit dem Bus nach Burgos. Ich werde mir dort ein Zimmer nehmen. Ich freue mich schon. Bis morgen ?

  6. Liebe Claudia,
    ich vermute, das so viele Dinge in der letzten Zeit auf Dich eingewirkt haben,
    an Erlebnissen, Emotionen, so daß Deine Seele erst wieder Deinen Körper einholen darf.
    Weil für den Verstand- stirbt der Mensch nur einmal, aber für das Herz tausende Male.
    Du bist auf dem richtigen Weg der Entschleunigung. Was ich auf diesen Fotos sehe ist Deine Gabe
    die feinen Stimmungen wahrzunehmen (z.B. die Sonnenstrahlen zwischen den Wolken)-vielleicht eine Botschaft an Dich??
    Sei behütet auf Deine Reise
    Anette

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