Gut geplant

So richtig geplant hatten wir ja die letzten Tage nicht. Gestern jedoch war uns klar, dass die heutige Vorletzte Etappe nur kurz sein würde. Ich kann nur sagen, Gott sei dank.

Ich bin einfach nicht der Typ für nur ein Kopfkissen und eine Bettdecke für beide, und das für beide auf engen Raum. Ich brauche die Freiheit, mich einschmeißen zu können und mein Kopfkissen zu knüddeln. Auf dem Foto sieht man nur die Zierkissen, darunter liegt die “ Wurst“ für beide. Carsten und ich waren so Rücksichtsvoll, dass wir beide so gut wie nicht geschlafen hatten. Als ich versuchte, heute morgen aufzustehen, war mir elend schwindelig. Na toll! Wie soll da ein Weg von nur 10 km klappen? Kalt duschen, viel Trinken und Bewegung hat dann etwas geholfen. Nutzt ja nichts.

Ein Besuch auf dem Markt, der wirklich richtig gut besucht war, hat mich dann auch gut abgelenkt. Und mit deutlich mehr Pausen als sonst, haben wir uns auf den Weg gemacht.

Es ging mal wieder an der Straße entlang, aber auch durch dörfliche Abschnitte.

Immer wieder trifft man hier auf diese Waschplätze. Wir könnten heute sogar eine Frau beobachten, die dort ihre Sachen wusch. Wie alt diese Plätze wohl sind?

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Gestern, als wir in der Kirche waren, um unseren weiteren Stempel zu holen, waren vor uns zwei Spanier. Sie hatten bestimmt einen Stapel von 40 Pilgerausweisen dabei, die dort ganz fleißig abgestempelt wurden. Es gibt hier einen regelrechten Pilger Tourismus. Das sind organisierte Busreisen von Hotel zu Hotel. Die “ Pilger“ werden an bestimmten Stellen rausgelassen, laufen mit ihrem Tagesrucksack ihre 5 km und werden dann wieder eingesammelt. Damit sie auch alle Stempel bekommen, scheint so ein fertig gestempelter Pilgerausweis mit im Angebot zu sein.

Ich finde das befremdlich. Vor allem dieses “ gekaufte“ Stempeln.

Ich habe mir die Tage Gedanken gemacht. Passiert übrigens täglich 😂 Ich glaube es gibt unter den Pilgern eine Pilgerhierarchie. Ganz oben ist die Spitze. Das sind die Pilger, die von zu Hause aus starten und mehrere Tausend Kilometer wandern. Ehrlich, da habe ich auch große Hochachtung.

Dann kommen solche wie wir. Wir laufen weit und mit dem ganzen Gepäck dabei. Für uns ist es eine Ehre ( die ab und an mal weh tut) den ganzen Rucksack zu tragen. Mit anderen Worten, die ganze Verantwortung, unser “ zu Hause“, alles was wir brauchen.

Dann kommen die, die aus welchen Gründen auch immer, ihr Gepäck in die nächste Herberge vorschicken. Oft stecken da Krankheiten hinter. Diese Pilger laufen aber auch die gesamte Strecke, wenn auch nur mit Tagesrucksack.

Tja, und dann gibt es eben noch die, von denen ich oben schrieb. Bei Ihnen ist alles organisiert. Die Reise ist komplett geplant. Es ist nicht immer leicht, nicht in die Verurteilung zu rutschen. Vorhallen dann nicht, wenn man auf dem letzten Loch pfeift. Aber letztendlich steht mir eine Verurteilung nicht im geringsten zu. Jeder hat seine berechtigten Beweggründe.

Heute sind wir in einer netten und einfachen Pilgerpension. Morgen laufen wir noch 15 km und dann stehen wir vor der Kathedrale. Ich merke gerade, dass mir bei dem Gedanken ganz anders wird. So schön ankommen ja ist, aber es signalisiert immer auch das Ende einer Reise. Und das macht auch traurig.

Selbstverständlich gibt es morgen oder übermorgen noch Fotos von Santiago. Ich freue mich schon riesig auf diese Stadt und ihre kulinarischen Verführungen 😋😋

Heute wird nicht mehr viel passieren. Ich werde gleich noch die Wäsche abnehmen und dann weiter chillen. Das ist so nötig heute.

6 Gedanken zu „Gut geplant“

  1. Liebe Lalla,
    vielen, vielen Dank für deine tollen Fotos und Tagesberichte! Es ist wirklich erstaunlich, was man zu Fuß so bewältigen kann. Hut ab, dass ihr beide das mit Bravour gemeistert habt!
    Genießt morgen die Abschiedstour und anschließend das wohlverdiente Ziel!

    Bis demnächst mal wieder (wandernd und/oder im Garten 🥳)
    Sandra

    1. Liebe Sandra, Danke für deine lieben Worte. Ich scheine eher der Typ “ zu Fuß“ zu sein. Es gibt hier auch viele Radfahrer, die nach Santiago fahren. Wahrscheinlich würde ich mein Rad meist schieben 😂 Bis hoffentlich bald

  2. Die Zeit rennt ja so. Ich habe jeden Tag Deine liebevoll geschriebenen Berichte gelesen. Man saugt sie sozusagen auf 😍 Und schwups seit ihr schon bald am Ziel. Genießt die Zeit noch und auf das die Füße Euch heile an Ziel bringen😘

    1. Liebe Anke, es ist schon verrückt mit der Zeit. Erst kommt mir alles so lang vor und in vier Stunden sind wir schon da. Es ist schön zu wissen, dass du dabei warst 💋😍😘

  3. Guten, allerbesten guten Morgen…ich fang gleich mal mit meinem Herzen an: stolzer kann eine Mutter nicht sein…wow…Ihr habt es geschafft..die letzten Kilometer liegen vor Euch..ICH BIN STOLZ AUF EUCH..❤❤❤❤❤❤❤
    So, genug, sonst heule ich gleich, hab schon Pippi in den Augen..😊😊😊😊😥💋💋💋💋 heute werdet Ihr also in die wunderschöne Kathedrale „einziehen“…Gänsehaut ist vorprogrammiert..bin auf die Eindrücke gespannt, gespannt wie immer, jeden Tag aus neue…❤❤ Danke dafür…❤❤❤❤❤
    Für heute wünsche ich Euch traumhaft schöne und leichte Kilometer..b i s a n s Z i e l……👍👍👍👍❤❤❤❤❤❤

  4. Richtig, Verurteilung steht einem nicht zu.
    Gemäß dem Spruch: „ Du kennst nicht die Last, die Du nicht trägst.“
    Dankbar darf man sein, dass man es machen konnte.
    Diesen Weg bin ich noch nicht gelaufen.
    Ich lief am 15.6.16 (einen Tag nach dem 90. Geburtstag meines Papas) von Saint Jean de Piet de Port in Frankreich los.
    Ich hätte mal dort schlafen sollen und erst am 16.6.16 loslaufen.
    Hinterher ist man immer schlauer.
    Angekommen bin ich am 19.07.16 in unglaublicher Freude in Santiago de Compostella.
    In Pamplona hatte ich bereits einen so wunden Fuß, dass jeder, der ihn sah, nicht dachte, dass man damit weiterlaufen kann.
    Ich bin dankbar, dass ich konnte mit Sandaletten und Wanderschuhe im Wechsel.
    Und in Pamplona habe ich, nachdem ich in jeder Herberge schon etwas zurück gelassen habe, endlich ein Postamt gefunden und 4 kg nach Deutschland zu meiner Schwester zurück geschickt.
    Ich sage ja, :“Hinterher ist man immer schlauer.“
    Ich kann jedem , der es zeitlich möglich machen kann, nur empfehlen, sich auf den Weg zu machen.
    Man wird reich belohnt.
    Es grüßt Euch alle lieb
    Manuela Elisabeth

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