Müüüüde!

Obwohl der Weg heute nicht schwer war, bin ich unendlich müde. Deshalb gibt es heute nicht so viel Text.

Ich bin jetzt nicht mehr in der Gegend Rioja, sondern in Kastilien. Die Landschaft hat sich sehr verändert. Große Getreide- und Erbsenfelder haben die Weinstöcke abgelöst. Auch die Hügel sind sanfter. Bis jetzt wirkt diese Gegend irgendwie ärmer. Die Pilgerunterkünfte dürfen in Kastilien nicht mehr als 5 € kosten. Die heute ist dementsprechend schlicht. Ein 10 Bettzimmer mit 5 Stockbetten. Um ins obere Bett zu kommen, gibt es einen Tritt, genauer gesagt nur zwei ?. Wer also Nachts raus muss, springt am besten runter. Wer weiß, wo der Tritt steht.

Ok, ich zeig euch mal ein paar Eindrücke von heute.

Erbsen, soweit das Auge reicht

Heute haben mich extrem viele Herzen begleitet.

Getreidefelder, sanft und grün

So kann der Weg auch aussehen! Neben der Autobahn

Pause mit alkoholfreiem Bier

Wegweiser

Bill, eine ganz besondere Begegnung. Er ist von Nord-Ost Holland losgelaufen. Vor 71 Tagen und 2000 km!! Er schläft meist im Zelt. Sehr, sehr berührend und spannend.

Liebe Hannah…

Liebe Hannah, ich freue mich so sehr, dass du mit Mama meinen Blog liest, dass ich dir extra schreibe. Manche gehen diesen Weg für zwei Wochen mit ihrer Mutter, Tante, Papa … jedes Jahr ein Stückchen. Vielleicht machst du das ja auch mal mit Miriam?! Auf jeden Fall lernt man dabei super englisch. Ich lerne jeden Tag ungefähr zwei Vokabeln dazu.

Heute schlafe ich mit 6 Männern und einer Frau in einem Zimmer. Ich glaube, es könnte sehr laut werden. ? Auf jeden Fall hatte ich heute mein lautestes Abendessen auf meinem Camino. Schlaft alle gut ❤️

Pilgeralltag Teil 2 ?

Heute bin ich ungefähr 15 km gelaufen. Das laufen fiel mir sehr viel leichter, als in den letzten Tagen. Dennoch merke ich, dass sich mein Schweinehund morgens meldet. Allerdings kann ich sagen, dass er sehr viel kleiner ist, als in Deutschland. Er fühlt sich an, als hätte jemand die Luft heraus gelassen. ? Nach 8 km habe versucht, mit Sandalen zu laufen. Ob das jetzt besser ist, weiss ich nicht. Beides hat seine Vor- und Nachteile.

So, nun zum täglichen Ritual. Nachdem ich eine Herberge gefunden habe und mein Bett gesichert habe, (Schlafsack darauf legen. ?Wie auf Mallorca, fällt mir gerade auf, nur ohne Handtuch) geht’s unter die Dusche. Eine absolute Notwendigkeit, kann ich euch sagen!!! Es fühlt sich an wie im Paradies, dieses herrlich warme Wasser. Oft gibt es Duschkabinen, also Kabinen in die man alles mit nimmt. Die Kunst dabei ist, dass nur der Körper nass wird und nicht auch die saubere Wäsche! Auch abtrocknen auf so engem Raum mit einem Microfaserhandtuch ist schon speziell. Genießt eure Frotteetücher morgens!!! Nach dem Duschen ziehe ich die Kleidung für den nächsten Tag an. Ich schlafe auch darin. Wie gesagt, außer in der Hose. Jetzt werden die Füße versorgt! Gecremt, massiert und bedankt. ❤️ Je nachdem, wo ich bin, esse ich eine Kleinigkeit. Richtig gegessen wird immer um 19:00 Uhr. Das kann manchmal schon sehr lang werden.

Ansonsten verbringe ich die Zeit bis zum Pilgermenü mit Ausruhen, Blog schreiben, Quatschen und manchmal auch Wein trinken. Ein Glas Wein kostet hier zwischen 0,70€ – 1 € ?Und der Wein ist der Hammer!! Kein Wunder, er wird hier angebaut.


Ein Pilgermenü besteht meist aus drei Gängen und kostet bis jetzt immer um die 10€. Der erste Gang ist meist Salat oder Spagetti oder Suppe. Der zweite Gang ist meist Huhn, Schwein oder Fisch. Oft ist auch möglich, eine vegetarische Alternative zu bekommen. Zum Nachtisch gibt es oft Obst, Jogurt oder Creme Caramell – hmmmmm. Wein und Wasser gehört fast immer zum Menü.

Außer einmal, bin ich bis jetzt immer satt geworden. Nachdem Essen sitzt man noch ein wenig zusammen, bis das Gähnen nicht mehr zu unterdrücken ist. ? Zwischen acht und neun liege ich in meinem Schlafsack und lese noch eure lieben und motivierenden Kommentare. Um 6 beginnt dann wieder das Geraschel und ein neuer Tag beginnt.

Pilgeralltag

Guten Morgen nach Deutschland! Bevor der Tag wieder mit neuen Eindrücken auf mich einstürmt, wollte ich euch gerne an meinem „Alltag“ teilhaben lassen. Ich liege noch im Bett (7:30 Uhr) aber um mich herum geht es mindestens schon seit 6:00 zur Sache. Ich warte immer, bis die erste Welle weg ist. Gleich geht es ins Bad zum Zähne putzen. Zwei Waschbecken für die ganze Etage. Mehr als Gesicht und Zähne ist morgens nicht dran. Geduscht habe ich ja gestern, so wie alle anderen hier auch. Würde ich heute heute morgen die Füße nass machen, wäre die Gefahr von Blasen sehr groß. Ach ja, apropos Blase. Ich habe meine erste Miniblase unterm kleinen Zeh. Durch das heftige auf und ab vorgestern hat sie sich gebildet. Ist aber nicht schlimm. Ok, nach der Katzenwäsche tausche ich nur meine Schlafanzughose (Seide – super leicht und warm), gegen meine Wanderhose. In jede Hosentasche kommt ein Wanderführer, den ich aber selten brauche. Meist ist der Weg sehr gut gekennzeichnet.


Manchmal aber auch sehr dezent ? … könnt ihr den gelben Pfeil erkennen?

Sonnencreme auf die „sichtbaren“ Hautstellen, Gesicht, Nacken, Arme und Beine und dann geht’s an das Wichtigste, die Füße. Zuerst werden Blasen gefährdete Stellen mit Tape abgeklebt. Bei mir gibt’s zur Zeit nur zwei, durch meine zauberhaften Aktiveinlagen.

Danach creme ich die Füße mit Hirschtalgcreme ein (auch gegen Blasen). Socken an und Rucksack packen. Ich mache alles in Ruhe, habe keine Lust auf Stress. Nach einem Kaffee entweder in der Herberge oder im Café geht’s dann los.
Die Wasserflaschen fülle ich meist am Brunnen, die gibt es hier sehr häufig. Das Wasser schmeckt daraus nicht so gechlort.


Naja, und dann heißt es den eigenen Laufrhythmus finden. So, ich mach mich jetzt fertig und erzähle später weiter. Euch einen traumhaft schönen Tag ❤️

Regen, Donner und viiiiel Wind


Bisher hatte ich wirklich Glück mit  Wetter, und Regen ist sicher auch kein Unglück. ?☄????Aber heute hat es mich und all die anderen, wirklich erwischt. Vor den ersten Regentropfen hatte ich gerade meine Hosenbeine abgemacht. Es war so warm. Bevor ich den Rucksack wieder aufhatte, fing es an zu tröpfeln. Kein Problem, ich habe ja einen Schutz extra für den Rucksack. ? Ja, und dann ging es los. Wieder Rucksack ab und den Regenponcho rauskramen. Alleine unter dieses Zelt zu kommen war fast aussichtslos. Die Pilger sind so hilfsbereit. Zu dritt sass der Poncho schließlich perfekt. So, Musik in die Ohren, nein, nicht laut- und weiter gings. Der Poncho  ist klasse!!! Ich kann ihn sehr empfehlen. Es gab sogar einen Regenbogen. Wenn ihr gut hinschaut, müsstet ihr ihn sehen.

Nach dem Regen habe ich den Poncho einfach hinten am Rucksack gelassen. Eine weise Entscheidung!!!! Denn nach kurzer Zeit gings so richtig los. Regenguss, Donner und heftiger Wind. Das hat mir regelrecht die Stöcke weggeweht. Ich habe begonnen von meinen Regengamaschen zu träumen. Die Beine waren nackt! Alleine kam ich daran nicht dran! Also hoffte ich, jemanden zu treffen, der mir half und der mich auch verstand. Einige Zeit später klappte auch das. Auch die Gamaschen kann ich nur empfehlen. Super leicht und warm. Weiter gings- ein Weinfeld nach dem anderen.


Im Ort angekommen, (wieder mal mit den jetzt bekannten heftigen Schmerzen auf den letzten Kilometern) habe ich mir eine Herberge gesucht. Ihr müsst euch vorstellen, man pfeift auf dem letzten Loch und dann ist die Herberge geschlossen! Davor eine Menschentraube, die das gleiche Ziel haben wie ich. Dann, dass stürmen der Bastie um 13:00 Uhr und bibbern , ob denn überhaupt noch ein Bett frei ist. Ich habe an dieser Stelle eindeutig noch Entwicklungspotential. Mir fehlt in diesem Moment das Vertrauen und die Gelassenheit. Es war ein Bett frei!! Im 4- Bettzimmer ohne Fenster. ?

Nachmittags war ich Im Kloster Santa Mariá la Real. Ein sehr alter ( 11 Jahrhundert) und magischer Ort mit Kreuzgang.


OH, wie freue ich mich aufs Bett in meiner kleinen Stinkehöhle.

Ach ja, ich bin 18 km gelaufen.


109 km

Gerade habe ich meine Kilometer zusammen gezählt. Juchuuuuu, ich habe die ersten 100km geschafft. Ich bin stolz wie Bolle. Immer wieder höre ich, dass man nach drei Wochen wie von alleine läuft. ?


Übrigens, jeder hier läuft seinen eigenen Camino. Die Erfahrungen und Ziele, abgesehen von Santiago, sind sehr individuell. Manche sind sportlich unterwegs, andere meditativ und wieder andere religiös. Was wir aber alle gemeinsam haben, ist uns auf den Weg gemacht zu haben. Und das verbindet jung und alt, egal welche Nation und welche Motivation oder welches Geschlecht.

Mein Camino ist sicherlich ein emotionaler. Wie könnte es auch anders bei mir sein. Dennoch habe ich hier beobachtet, dass irgendwie alle “ weichgespült “ werden, das scheint unumgänglich zu sein. Ich habe viele Männer mit Tränen in den Augen gesehen, einfach vor Glück und Rührung.

Ich habe es getan…


Heute bin ich heftige 12 km bergauf und bergab gegangen. Diese Strecke war als „mittelheftig“ in meinem Planer beschrieben. Also, ich war im nullkommanix nass geschwitzt, aber so richtig.

Was verstehen die denn dann unter richtig anspruchsvoll??! Die Landschaft war wieder einmal traumhaft schön.


Irgendwie kam ich auch nicht so richtig in meinen Rhythmus, blöd! Dafür habe ich aber meine Lieblingsheilpflanze wieder gefunden, und zwar reichlich. Kennt ihr Cystus? Ich habe extra für euch ein Foto gemacht.

Auch wuchs am Wegrand wilder Rosmarin und Thymian. Es ist so Wundervoll die so bekannten Kräuter hier wild wachsen zu sehen. ?

Ich kam auch an einem „Wunschfeld“ vorbei. Zumindest habe ich es so verstanden. Ich kann mir vorstellen, dass das Foto einen Kinderwunsch zeigt. Ein schöner Gedanke.


Ab Viana bin ich heute ein Stück Taxi ( 10km – 18€) und 13km ( 1,55€) mit dem Bus gefahren. Ich habe einen Krampf im Oberschenkel, der hartnäckig mit mir kommuniziert. Leider verstehe ich ihn noch nicht. Weiterlaufen war keine Option. Außerdem war es zu früh um zu bleiben. Also habe ich mir das Taxi bis zum nächsten Ort mit Sara aus Berlin geteilt. Von dort fuhr dann der Bus.


Jetzt bin ich in einem Hostal in einem Vier-Bettzimmer. Neben mir liegt Luisa aus Irland. 9€ die Übernachtung inklusive einer Dusche und Toilette auf dem Zimmer. Luxus!

Gerade war ich eine „Kleinigkeit“ essen. Das Pilgermenu gibt es erst Abends. Oh mein Gott, welch ein Paradies!!! So lecker! Eine Bartheke voller kleiner Köstlichkeiten. Carsten, so gerne hätte ich mir dir geteilt ❤️

So ein Pilgermenu kostet in der Regel 10€ (für drei Gänge inklusive Wasser und Wein). Das heute Abend wird 15€ kosten, aber es hört sich einfach nur köstlich an. Ich werde euch morgen berichten. Es ist auf jeden Fall auch eine kulinarische Reise für mich. Die, die mich kennen, wissen, wie ich das finde! GENIAL!

Doch noch einen weiter…

Heute bin ich 19 km gelaufen. Eigentlich sollten es nur 12 km werden, aber als ich nach Los Arcos kam, war es noch so früh und ich war noch so fit, dass ich mir und meinen Füßen zugetraut habe, weitere 6,8 km zu pilgern. Wieder war die Landschaft so beeindruckend, dass ich vor einem Feld voller Mohnblumen gleichzeitig in Tränen ausbrach und herzhaft lachte vor Glück. Ehrlich, mir fehlen die Worte!!


Heute habe ich viel Musik gehört, auf meinem Camino und lauthals mitgesungen. Es kommt mir manchmal vor wie ein Traum! Was für ein großartiges Geschenk!!!

Übrigens heißt die Blüte in meinem Haar Cystus. Der einzig wilde Strauch, den ich von dieser Sorte bis jetzt gesehen habe. Sie stärkt das Imunsystem. Genau das, was ich nach dem gestrigen Friertag brauchte. ?


Die letzten Kilometer waren wieder einmal sehr schmerzhaft. Jetzt kenne ich aber den Grund! Mit den medizinischen Einlagen bekomme ich brennende Füße und mit den Standardeinlagen, fängt das Sprunggelenk ganz heftig an weh zu tun. Ich kann mich also zwischen den Schmerzen entscheiden. Lustig, oder? Naja, ich hatte mich dieses Mal fürs Sprunggelenk entschieden. Neben mir Charly, der pausenlos quatschte. Und am Horizont mein Ziel, was einfach nicht näher kommen wollte. ?

Irgendwann habe ich Charly dann gesagt, dass ich nun Musik höre, um den Berg hoch zu kommen. Der Rhythmus hilft tatsächlich !!

Und wirklich, ab da, wo ich wieder bei mir war, ging es bedeutend besser. Das muss ich mir merken!


Ach ja, Mama, ich habe heute  ein Foto extra für dich gemacht ?Ein spanisches Spargelfeld ❤️


Übrigens hat mich heute eine lange Strecke ein kleiner blauer Schmetterling begleitet. Er hat mich die Leichtigkeit gelehrt und mir Himmelsgrüße geschickt.

Im Ort angekommen, bin ich nur noch den Schildern einer Herberge mit dem Namen „Olive“ gefolgt. Und tataaaa, ich war der erste Gast einer Luxusunterkunft (eigenes Bad, kein Stockbett..) Ich fühle mich wie im Paradies. Die Wäsche ist heute nicht von Hand, sondern maschinell gewaschen! Ich rieche jetzt spanisch ? Und ich habe unter einem alten Olivenbaum auf einer Liege Siesta gemacht. Kinder ist das Leben schöööööön!


Und was mir besonders gefällt heute, ist, dass ich mir mit Sarah aus Berlin (kennengelernt gestern) ein Zweibettzimmer teile. Und der Schweden Oge ist auch wieder dabei. Sehr lustig. Gleich kocht die Herbergsmutter für uns, ich bin gespannt.

Bis morgen oder gleich!! ?

Einen hab ich noch…

Ich möchte heute unbedingt noch ein Foto vom Essen mit euch teilen. Ich habe Tränen gelacht. Beim Abendessen habe ich einen Mix aus deutsch, englisch und schwedisch gesprochen. Es ist unfassbar, was alles geht, wenn ich den Gedanken, ich kann das nicht, über Bord werfe. Ich quatsche hemmungslos mit Händen und Füßen. ?


Also, links geht es mit Berlin los, dann folgt Schweden, ( Jonköping), danach Japan und ganz rechts Mexiko. Hammer, oder?! Und wie ihr seht, hatten wir mächtig Spaß. Ich war so berührt von diesem Zusammensein heute, dass mir die Tränen kamen. “ Whats wrong, Claudia?“ “ Oh, i have a emotionwave!“

Gute Nacht und bis morgen ❤️